Bericht der EM-Beratungsreise nach Benin,
Westafrika, in 2008
Der Kontakt in den Benin entstand vor einigen Jahren durch ein EM-anwendendes Ehepaar,
das in Deutschland für das Bildungswerk Westafrika e.V. arbeitet. Dieser Verein unterstützt
das Entwicklungshilfeprojekt von Astrid Toda, die seit 15 Jahren im Benin lebt und dort
Dorfgemeinschaften ermöglicht, sich eigene Schulen zu bauen, Bildung zu erlangen und
selbstverantwortlich zu leben. Sie selber lebt in einem kleinen Weiler auf dem Lande im
Süden von Benin, wo sie in ihr Haus auch junge Menschen für die Zeit einer Ausbildung
aufnimmt. Gleichzeitig vermittelt sie dort Acker- und Gartenbau sowie in kleinem Rahmen
Tierhaltung. Letztere ist dort unüblich. Tiere werden in der Regel gejagt und gegessen.
Die Gegend, in der Astrid Toda wohnt, ist ländlich. Die Menschen leben von Feldarbeit, dem
Handel ihrer Früchte und vom Handwerk.
Tragende Sozialstruktur ist die Familie,
die viel mehr umfasst als bei uns in
Deutschland. So werden als Mama oder
Papa nicht nur die eigenen Eltern
bezeichnet. Es ist auch die respektvolle
Ansprache für eine Person, die sich
fürsorglich um Andere kümmert.
Die Dörfer dort haben weder
elektrischen Strom noch befestigte
Wege, es gibt keine Toiletten, keine
öffentliche Wasserversorgung und
natürlich kein Telefon, keine Post, keine Müllabfuhr.
Zwischen den Häusern aus Lehmziegeln oder auch neuerdings (selbst)gegossenen
Zementsteinen laufen Ziegen und Hühner mit kleinen Kindern um die Wette, vor den
Häusern brennt ein Kochfeuer aus kleinen Stöcken, über dem in einem Topf vielleicht Kohl,
Zwiebeln, Maniok oder Mais mit Tomaten und Paprika kochen. Nachdem Astrid Toda den
ersten Brunnen bohren ließ, gibt es mehrere Brunnen, aus denen aus über 30 Metern Tiefe
in einem aus alten Autoreifen genähten Gummieimer Wasser gezogen werden kann. In
einer Schüssel werden die Wickeltücher, die als Kleidung dienen gewaschen und über
herumliegenden Stöcken zum Trocknen ausgebreitet.
Vor circa sechs Jahren bat uns Astrid Toda bei einem Deutschlandaufenthalt darum, über
EM unterrichtet zu werden. Sie nahm daraufhin EM mit nach Afrika und erprobte
verschiedene Anwendungen mit Erfolg. Wann immer möglich halfen wir ihr von hier aus
mit Rat und suchten Wege, EM nach Afrika zu transportieren, was von Europa aus offenbar
leichter ist als innerhalb Afrikas.
Da sich letztlich aber nicht alles auf Entfernung erklären ließ, machte ich mich im Januar
2008 auf den Weg nach Afrika.
Schon während der Vorbereitungen wurde mir klar, wie wenig ich eigentlich von diesem
großen Kontinent wusste. Da gibt es Klischees, wie es die Medien, die Tourismuswebung
und Hilfsorganisationen vermitteln: auf der einen Seite Flüchtlingslager, Hunger,
Aidswaisen, Armut, dicke Bäuche, dicke reiche Präsidenten, die mit Militärgewalt Wahlen
manipulieren und Bürgerkriege; auf der anderen Seite Fotosafari im Krüger-Nationalpark
und Giraffe vorm Kilimandscharo.
Wer weiß schon um die Geschichte dieser Länder? Wer weiß, dass die Universität von
Timbuktu (heute Mali) gegründet wurde, bevor es überhaupt eine deutsche Universität gab?
Welches Bewusstsein und welchen
Respekt haben wir vor der hohen
Kultur der alten afrikanischen
Königreiche, die erst durch die
Besetzung durch Großmächte ihrer
Existenz beraubt wurden und zuvor
Quellen reicher Kunst und Geistigkeit
waren?
Der heutige Benin wurde zuerst 1473
von Portugiesen besucht, im
19.Jahrhundert besetzte Frankreich
nach vergeblichem Widerstand des
Königs von Dahomey das Land und
entließ es erst 1960 in eine zweifelhafte Freiheit. Nach
Jahren kommunistischer Prägung wurde schließlich
1990 die demokratische Republik Benin ausgerufen,
die sich seither durch den Fleiß ihrer Bevölkerung
langsam aber stetig aus vollkommener Armut
herausarbeitet. Eine Mittelschicht von Händlern
entstand, es gibt Schulausbildung, Kultur und
Hoffnung auf mehr Wohlergehen.
Ich war sehr gespannt, was mich erwartete, und nur
ausschnittsweise kann ich hier von meinen
Erlebnissen berichten:
Ein wunderbar warmer Wind begrüßte mich, als ich
nach eintägigem Zwischenaufenthalt in Casablanca
(Marokko) nachts gegen vier Uhr in Cotonou, der
heimlichen Hauptstadt des Benin aus dem Flughafengebäude trat. Für die Menschen vor
Ort war es mit 22°C vergleichsweise kühl und sie wunderten sich, dass in diesem Jahr der
Harmattan, ein staubtragender Nordwind aus der Sahara noch bis Ende Januar andauerte.
Klimawandel? Es war befremdlich für mich, während des gesamten Aufenthalts nie einen
klaren Himmel zu sehen. Ist doch der Himmel das, was mir überall auf der Welt das Gefühl
etwas Vertrauten gibt. Hier gab es stattdessen immer eine bleiche Sonnenscheibe im Staub,
der sich überall hinlegte: in die Atmung, die Augen, das Haar, auf alle Sachen.
Gnädigerweise milderte er zugleich die Temperaturen selbst tagsüber auf stets unter 40°C.
Nach zwei Eingewöhnungstagen im Dorf, mit Begrüßungsrundgang, auf dem ich allen
vorgestellt wurde und die neugelernten afrikanischen Benimmregeln üben konnte, galt
unsere erste Aktion der Beschaffung von Zuckerrohrmelasse zum Ansetzen der EM-
Vermehrung. Wir fuhren im Jeep morgens los, einige Stunden weit zur einzigen Zuckerfabrik
des Landes, nach Savé.
Dieses Erlebnis war zutiefst erschütternd. Die Fabrik war von Chinesen aufgekauft worden.
Etwa 50 chinesische Mitarbeiter verrichten die Arbeit in der Fabrik selber und leben in
einem Campus auf dem Gelände. Für die harten Feldarbeiten werden Einheimische bezahlt,
die in schlechten Baracken ohne jegliche Infrastruktur außerhalb des Zufahrt zum Gelände
hausen und Tag für Tag dort um Arbeit nachfragen. Von dieser Zufahrt ab fuhren wir noch
10 Kilometer bis zur eigentlichen Fabrik durch Zuckerrohr-Monokultur, von Straßengräben
begleitet, in denen sich schwarze schmierige
Flüssigkeiten sammelten:
Produktionsrückstände, wie wir später
erfuhren, die dort mangels ordentlicher
Entsorgung verkippt werden. Vor der Fabrik
selber grüßten uns gewaltige Halden von
Pressrückständen. Alles machte einen
vollkommen trostlosen, vernachlässigten und
unmenschlichen Eindruck. So würdigte man
auch uns zunächst keines Blickes, und wären
wir
nicht mit europäischem
Selbstbewusstsein aufgetreten,
wären wir wohl unverrichteter Dinge
wieder abgereist. Georges, Astrids
afrikanischer Partner, der uns
begleitete, wurde bis zuletzt mit
Missachtung behandelt.
Eine junge Chinesin, die weder eine
der Landessprachen noch die
Kolonialsprache Französisch
beherrschte, kommunizierte
schließlich mittels ihres Sprachcomputers auf rudimentärem Englisch mit uns. Mit etwas
Mühe konnten wir unser Anliegen vorbringen und versuchten, ihr und durch sie einem
weiteren Chinesen etwas vom Sinn der Effektiven Mikroorganismen zu vermitteln. Was
wäre es für ein guter Dünger, wenn man das organische Material, das da draußen in Mengen
abgekippt liegt, mit EM zu Kompost verwandeln würde! Die Frage nach finanziellem
Gewinn konnten wir wohl nicht überzeugend beantworten und da Anderes offensichtlich
nicht zählte, begnügten wir uns mit der Gabe von anderthalb Litern Zuckerrohrmelasse und
fuhren wieder ab, vorbei an brandgerodeten Flächen, die zum Zuckerrohranbau vorbereitet
wurden. Als wir abends wieder im Dorf ankamen, hatte ich ein neues Wort kennengelernt:
„Neokolonialismus“.
Als nächstes galt es, eine angemessene Methode zur EM-Vermehrung zu entwickeln. Sie
musste ohne Elektrizität auskommen, denn Strom gab es ja nicht und Sonnenkollektoren,
die aufgrund des Sonnenstandes dort waagerecht liegen müssen, verstauben sofort und
nutzen wenig. Wir bastelten aus Steinen, einem Metalltopf, gebrauchten Plastikflaschen
und Tüchern einen Fermenter, der durch eine 7 Tage lang brennende Kerze seine Wärme
erhielt.Der Gleichmäßigkeit der Temperatur zuliebe bauten wir ihn im Hause auf, wo die
Flaschen auch regelmäßig entgast werden konnten. Nach einer Woche war das sogenannte
EM-a fertig.
Da es dort keinen kühlen Ort gibt, an dem das fertig vermehrte EM aufbewahrt werden
könnte, musste es so schnell wie möglich in die Anwendung gebracht werden.
Eine Sau hatte gerade 5 Ferkel geworfen und profitierte als erste davon. Die Tierpfleger
wurden in EM-Anwendung eingewiesen und nach der EM-Waschung schliefen alle
Schweinchen wohlig beieinander. In den kommenden Tagen wurden alle Ställe mit EM
ausgewaschen und die Tröge und Tränken mit EM angereichert.
Zum Aussprühen fehlte uns zunächst das Handwerkszeug. In der nächsten Stadt, Abomey,
gab es zwar jede Menge Plastikschüsseln und -gefäße (made in China wie fast alles dort),
aber keine Sprühflaschen.
Im Marché Dantokpa in Cotonou, dem angeblich größten Markt Westafrikas, erstanden wir
schließlich eine kleine handgebastelte
Saugluftpumpe. Sie reichte aus, um die Kleintierställe
aus- und die Sträucher ums Haus einzusprühen, gab
jedoch nach zweitägiger Benutzung verschlissen
ihren Geist auf. Zu Demonstrationszwecken hatte sie
jedoch ihren Dienst getan.
Im Garten- und Ackerbau konnten wir während
meines Besuchs kein EM ausbringen, da ich in der
Trockenzeit gereist war. Staub überall, roter, teils
harter Boden, den man sich kaum als Gemüsegarten
vorstellen konnte.
Nur das Ananasfeld, das schon mit EM bebaut worden war, welches Astrid Toda früher aus
Deutschland mitgebracht hatte, stand strahlend da, als ob es freundlich lachte. Alle diese
Pflanzen waren als untaugliche Setzlinge woanders fortgeworfen und von Astrid
eingesammelt worden und dank EM und EM-Kompost prächtig gediehen. So hat die
Anwendung von EM das Kaufen von Jungpflanzen erspart. Die Ernte war
überdurchschnittlich gut gewesen.
Der EM-Kompost entsteht während der Regenzeiten. Das ganze Jahr hindurch werden
zweimal täglich Haus und Hof mit einem Palmwedel gefegt. Blätter, Ziegen- Schaf- und
Hühnerkot, Staub und Essensreste landen so auf einem Haufen außerhalb des Hofes. Dort
fügte Astrid in den feuchten Jahreszeiten EM hinzu. Die entstandene Erde war so gut, dass
sie sogar in die Stadt verkauft werden konnte.
Bei mehreren Gelegenheiten leistete EM darüber hinaus heilsame Dienste. Da weit und
breit kein Antibiotikum zu bekommen ist, und selbst wenn es welches gäbe dieses für die
Dorfbevölkerung völlig unbezahlbar wäre, konnte EM wertvolle Hilfe leisten. Zum Abfüllen
kleiner Mengen bewährten sich dabei leere Filmdosen.
Ein Baby hatte am Oberarm einen pflaumengroßen entzündeten Abszeß, aus dem Eiter
quoll. Es hatte Fieber und befand sich unter dortigen Verhältnissen in einer
lebensbedrohlichen Situation. Wir entleerten den Eiter und strichen die Wunde mehrmals
täglich großflächig mit EM ein. Nach drei Tagen war das Baby fieberfrei und alles verheilt.
Als bei einem weiteren Baby genau dasselbe Problem auftrat, fragte ich mich nach der
Ursache. Wir erfuhren, dass diese Kinder bei einer kostenlosen Impfung gewesen waren,
wie sie dort von ausländischen „Hilfs“organisationen durchgeführt werden.
Andere Entzündungen wie z.B. der Bindehäute sowie Insektenbisse konnten ebenso durch
EM ausgeglichen werden. Da gibt es noch viele ungenutzte Möglichkeiten.
Bei aller
Arbeit hat
mich die
freundliche
und
zugewandte
Lebensart der
Menschen
vor Ort
berührt. Was
bei uns
materieller
Reichtum
sein mag, ist
dort der
Reichtum der
Herzen. Ich
war sprachlos
angesichts des Respektes, den die Generationen einander entgegenbringen. Anteilnahme,
Fleiß, Interesse und Lernwilligkeit haben mich ungemein beeindruckt und ich hatte das
Gefühl, in Menschlichkeit zu baden. Sicher tragen die Wärme und das Leben im Freien zu
mehr Miteinander bei. Vor allem aber versperren weder Fernsehen noch Computer, nicht
Telefon oder Brief oder die ganze Angst um materielles Gut den direkten Weg von Mensch
zu Mensch.
So froh ich war, zuhause wieder gesundes Wasser trinken zu können, wieder in die
Badewanne zu steigen und durch den Regen zu spazieren, so gerne hätte ich das Lachen
von dort mitgenommen, und den Humor, mit dem ich im Dorf gleich dreimal scherzhaft
verheiratet wurde.
Dr. Anne Katharina Zschocke im März 2008