Der Emmer - ein Gruß aus der Zeit der Matronen
Text zur Ausstellung Matronis, Zülpich 2001
Als Beispiel ist in der Ausstellung Emmer (Triticum dicoccum) zu sehen. Wie kam er zu
uns? Die Entstehung der Kulturgetreide lässt sich anhand archäologischer Funde auf das
10.Jahrtausend v.Chr. datieren, und zwar im Raum des „fruchtbaren Halbmondes“. Das im
Nahen Osten auf dem Gebiet der heutigen Staaten Israel- Syrien-Türkei-Irak gelegene
Bergland war letztendlich eine Wiege unserer Zivilisation, dort entstanden die ersten
Kulturpflanzen und dort wurden erstmals Rind, Schwein, Schaf und Ziege domestiziert.
Einkorn (Triticum monococcum) und Emmer waren die ersten Getreide, die im nördlichen
Rheinland von seßhaften Ackerbauern angebaut wurden. Sie waren im Vorderen Orient
aus den Wildgetreiden Wild-Einkorn (T. boeticum) und Wild-Emmer (T. dicoccoides)
entstanden und sind Vorläufer der späteren Weizenformen, auch des Dinkels.
Die Ausbreitung der Ackerbaukultur erfolgte in der
Jungsteinzeit über den Balkan nach Mitteleuropa;
um 5.300 v. Chr. siedelten die ersten Ackerbauern
im Rheinland. In den Siedlungen der sog.
bandkeramischen Kultur war Emmer die
wichtigste Getreideart. Emmer ist wie der heute
noch bekannte Dinkel ein Spelzgetreide, bei dem
- anders als bei den freidreschenden
Nacktgetreiden wie Saatweizen - jedes Korn noch
von Hüllspelzen umschlossen ist. Vor dem
Mahlen müssen diese Hüllspelzen in einem gesonderten Arbeitsgang entfernt werden,
dem Gerbgang.
Der Emmer behielt seine große Bedeutung bis in die Zeit der vorrömischen
Matronenverehrung in der Voreifel in den Jahrhunderten vor Christus; später nahm seine
Bedeutung kontinuierlich ab. In Erinnerung blieb er bei Ortsnamen, beispielsweise
Emmerich, oder Tiernamen, beispielsweise der Goldammer, denn sie war der goldene
Vogel, der im Ammer (= Emmer) saß. Die Herkunft des Emmers in der Ausstellung ist
heute nicht mehr eindeutig zu klären. Sicher ist, daß er, über Xanten kommernd, nach
1970 zwanzig Jahre lang von G. W. Schmidt
( Hera-Forschungsstelle Uess/Vulkaneifel) durch Verwendung biologisch-dynamischer
Präparate und Konstellationsaussaaten „verwandelnd veredelt“ wurde, bevor er in den
Anbau auf den Feldern von Haus Bollheim (Biologisch- dynamischer Landbau, Zülpich-
Oberelvenich) übernommen werden konnte. Dort wurde er über einige Jahre vermehrt
und inzwischen wird dort Emmerbrot gebacken, das einzige echte Emmerbrot in
Deutschland.
Sollten die auf Matronensteinen abgebildeten Ähren Emmer darstellen,wäre die
Schönheit dieses brusthoch wachsenden feinen Getreides mit seiner ausgewogenen
Gestalt, das heute wieder bei uns wächst, ein Gruß aus jener Zeit der Matronenverehrung.
Dr. Anne Katharina Zschocke