Texte zum Thema Bäume
Bäume erquicken alle Sinne und in der Achtung ihrer Bedeutung verbanden Menschen
sich mit ihren Namen. Keltische Stämme waren oft nach Bäumen benannt und auch
Landstriche, (z.B.Irland, „Insel der Eiben“) und Orte. Aus germanischen Runen und
keltischen Oghamzeichen der Bäume wurden unsere Buchstaben (von „Stab aus
Buche“) als Grundlage unserer Schrift.
Wenn wir uns heute vor einen Baum stellen und ihn
betrachten, spüren wir unsere Verwandschaft mit ihm in der
Aufrechten zwischen Himmel und Erde. Wie er vermag, mit
den Wurzeln das dunkle Unbekannte im Boden unter uns zu
durchdringen und mit den Zweigen sich in die hohen Lüfte
über uns zu erheben, ist er uns wie ein Pate im Menschsein,
also im Finden der Mitte, des Friedens des Herzens im Strom
des Lebendigen zwischen Licht und Dunkel, zwischen
Kosmos und Erde, in der Fülle der Polaritäten.
Alte Kulturen kannten den Lebensbaum als
Ursprung allen Lebens. So ist uns durch die
Dichtungen der Eddas der Weltenbaum
Yggdrasil (übersetzt: „immergrüne
Nadelesche“= Eibe) bekannt, an dessen drei
Wurzeln drei Quellen entspringen, von wo
drei Frauen kommen, die den Menschen das
Leben bringen. Viele Epen, Mythen und
Märchen erzählen von Bäumen, von den Geistwesen, die in Bäumen
wohnen und von den Beziehungen der Menschen zu ihnen.
Was hat diese Beziehungen in unserer Zeit so verstört?
Als die Römer auf ihren Eroberungszügen die Heiligen Haine der Kelten abholzten, war
dies kein Ausdruck von Verachtung. Die Römer selber pflegten Heilige Haine und ihre
Götter waren mit Bäumen assoziiert. (Vgl.Lorbeerkranz des Apollo bei der
Kaiserkrönung.) Vielmehr wußten sie um die Kraft, die den Kelten aus ihrer Beziehung
zu den heiligen Bäumen und den dort wohnenden Geistwesen erwuchs, und um ihnen
diese Kraft zu rauben schändeten sie die heiligen Orte.
Liebe und Verehrung der Menschen vor Ort zu der Göttlichkeit in der Natur blieb
dennoch bestehen und ging erst durch ein von verfälschten Interessen geprägtes
„Christentum“ verloren, das die Menschen aus ihren urweisen Beziehungen
herausholen und an die Machtstrukturen eines Kirchentums binden wollte. Die Bibel
beschreibt viele Begegnungen von Menschen mit Engeln im Zusammenhang mit
Bäumen, und Jesus selber suchte (Heilige?) Haine auf für sein Gebet (Gethsemane).
Trotzdem wurden im Namen Christi unzählige alte Bäume gefällt und ihre Verehrung
verboten. Mit der späteren Inquisition und dem Verbrennen der Weisen Frauen wurde
uns Menschen durch Feuer und Schwert eingebrannt, nur ja keine Beziehung zur
großen Weisheit der Natur und ihren Geheimnissen und Gaben zu pflegen. „Die Quelle
und der Sitz aller Spiritualität wurde von der einheimischen Erde fortgenommen“ (Fred
Hageneder), mit der Folge, daß der Mensch, mit dem Gefühl abgründiger Trennung
von der Natur, aus der Mutter Erde entwurzelt, diese hemmungslos auszubeuten und
zu mißbrauchen begann. Auch wenn Weihnachtsbaum und Maibäume noch kleine
Zeichen der alten Liebe sind, werden Wälder heute nach Geldgewinn beurteilt und
wird Holz mit Chemikalien getränkt und mit Lacken versiegelt in Sondermüll
verwandelt.
Das Wunderbare ist, daß die Sehnsucht nach Freundschaft zu den Bäumen in uns
schlummert. Die Bäume und ihre elementare Welt warten auf unsere Aufmerksamkeit
und jeder von uns kann heute damit beginnen, der sich in unendlicher Güte ständig
neu schenkenden Welt der Schöpfung mit Achtung, Dank und Verehrung zu
begegnen, dem eigenen Leben und der Welt zum Segen.
Anne Katharina Zschocke
Bäume als Pforten zum Göttlichen
(veröffentlicht im Katalog zur Ausstellung ,,Matronis", Zülpich 2001)
Bevor die Matronen auf römische Art mit steinernen
Tafeln und Tempeln verehrt wurden, suchte man die
Beziehung zu ihnen dort, wo man die Nähe des Göttlichen
spürte, in der materialisierten Schöpfung (Materie von lat.
,,mater“ = Mutter), der freien Natur. Heilige Haine waren
bei den Kelten wie in allen alten Kulturen Orte der Kraft,
Sitz des Göttlichen, Pforten der Einweihung. Wo sie
bewaldet waren stellten sie den Freiraum höchster
Verehrung in der uralten tiefen Freundschaft zwischen
Mensch und Baum dar.
Ohne Bäume ist Leben auf der Erde nicht vorstellbar. Sie
durchdringen auf praktische, seelische und geistige Weise
unser Leben:
Die Wurzeln der Bäume heben den Grundwasserspiegel
und schenken uns in Quellen frisches Wasser. Ihr Holz gibt
uns im Feuer Wärme und Licht. Laub, Säfte und Früchte
sind Nahrung für Mensch und Tier, aus Bast und Rinde wird Kleidung, allerlei Teile sind
Medizin, wie die Salicylsäure („Aspirin“) aus der Rinde der Weide. Holz dient mitsamt
Harz zum Bau von Werkzeug, Gerät und Waffen und zum Haus- und Möbelbau und
erfüllt, zum richtigen Zeitpunkt geschlagen, jeden Wunsch vom Schiff bis hin zum
feuerfesten Kamin. Holz gibt Schutz und bringt durch Musikinstrumente die Seele
zum Klingen.