Einklang zwischen Natur und Kultur herstellen
Dr. Anne Katharina Zschocke referierte rund um die Kultur- und
Naturgeschichte der Matronenverehrung.
Die Wanderung führte zum Matronentempel in Nettersheim.
Von Michael Hamacher
NETTERSHEIM. Wer geglaubt hatte, die Wissenschaftlerin Dr. Anne Katharina Zschocke
würde sich bei der Führung zur Görresburg mit den bekannten Matronensteinen
vorbehaltslos für oder gegen den geplanten Bau eines Kubus, der zurzeit für erheblichen
Wirbel sorgt, auf eben jener Görresburg aussprechen, sah sich getäuscht. „Ich lasse mich
nicht vor einen Karren spannen“, betonte sie. Ihr gehe es darum, „das Bewusstsein für die
Lebendigkeit der Erde und für sakrale Orte in der Landschaft zu wecken und zu stärken“.
Bekanntlich plant man in Nettersheim einen archäologischen Landschaftspark, der auch eine
Bebauung des Tempelhügels vorsieht.
Der von Zschocke kurzfristig anberaumten Führung am vergangenen Sonntagnachmittag
zum Thema „Die Gestalt der dreifachen Göttin und der Matronentempel in Nettersheim“
folgten gut zwei Dutzend interessierte Teilnehmer mit einer, soweit zu hören war,
überwiegend ablehnenden Meinung zur Errichtung eines Hauses auf dem Hügel.
Zunächst erfuhren die
Teilnehmer in der
archäologischen
Sammlung des
Naturzentrums in
Nettersheim die
Hintergründe der
Matronenverehrung in
keltischer und römischer
Zeit. In der
anschließenden
Wanderung zur
Görresburg befasste sich Zschocke, wie immer sehr engagiert und fundiert, mit dem Urbild
der Mutter, das noch immer in der Natur erlebt werden könne. Sie lud die Teilnehmer ein,
diesen Spuren der dreifachen Göttin vom Altertum bis in die heutige Zeit des Christentums
zu folgen. Dabei erlebten die Teilnehmer an Beispielen hautnah, wie Natur und Landschaft
untrennbar mit der Gestalt der dreifachen Göttin verknüpft sind. Zum Erstaunen der
Teilnehmer machte Zschocke dabei immer wieder Bezüge zwischen dem Urbild dieser
weiblichen Dreigestalt und unserem heutigen Leben sichtbar, zu christlichen Gestalten, zu
Märchen, zu Barack Obama, zur Telefonwerbung und zu Lena, spannend und authentisch.
Mehrfach pochte Zschocke auf die Beachtung der Harmonie zwischen Natur und Kultur.
Diesen Einklang hätten aller Wahrscheinlichkeit nach bereits die Kelten auf dem heutigen
Platz der Görresburg gefunden. „Ein Ort, der zwar hoch, jedoch nicht am höchsten in der
Umgebung liegt und dem Menschen das Gefühl von freier Erhabenheit und zugleich
Geborgenheit in der Landschaft gab. Solche Orte, wie sie auch in Stonehenge und bei den
Externsteinen zu finden sind, waren seit alters her Heiligtümer“. Wer richtig hinhörte, konnte
dennoch ihre Meinung wahrnehmen.
14. November 2010