Eröffnung der Nettersheimer Wassertage, 6.Juli 2007
Liebe Wasserfreundinnen und -freunde
Was ist Wasser?
Jeder kennt es, jeder braucht es, doch will man sagen, was Wasser ist, so fällt eine andere
Antwort als die der chemischen Formel H
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O schwer. Es ist wie in der Geschichte der zwei
Fische, die sich in der Tiefe des Ozean begegnen und einer sagt: stell Dir vor, da gibt es doch
Fische, die behaupten, es gebe etwas, das Wasser heißt. Kannst Du Dir das vorstellen? So
ein Unfug. Wenn es Wasser gäbe, hätten wir das längst schon gewusst. Und der andere
pflichtet ihm bei. Jahre später begegnet derselbe Fisch an der Meeresoberfläche einem
fliegenden Fisch, der ihm von seinen Sprüngen durch die Luft und dem Eintauchen ins
Wasser erzählt. Da erst, als er jemandem begegnet, der eine ganz andere Perspektive hat,
kann er erfahren, was Wasser ist. Aus dem, was selbstverständlich war und daher missachtet
wurde, wird etwas, was sich als kostbare Lebensvoraussetzung entpuppt.
Mit den Nettersheimer Wassertagen will Wasser in unser Bewusstsein gerufen werden.
Wasser als Trinkwasser mit oder ohne bestimmte Qualitäten, wie wir sie morgen Vormittag
kennenlernen werden, Wasser als Inspiration für Kunst und Poesie, wie wir es heute Abend
hier erleben und auch für Musik, die wir am 14.September in der hiesigen Pfarrkirche
dargeboten bekommen. Wasser als Kulturträger, als Landschaftsgestalter, als
Erholungsraum, den wir am Sonntag auf unserer Wanderung die Urft entlang zur
Quellfassung der römischen Wasserleitung erfahren. Wasser auch als Geheimnis, das immer
größer wird, je mehr man sich mit ihm beschäftigt.
Was ist Wasser?
Wasser ist der Inbegriff des fließenden Elementes. Es durchdringt alles, ohne sich
aufzudrängen, nimmt mit, trägt weiter, gibt wieder ab und nimmt erneut auf, ohne zu
fragen, was es ist. Es verbindet sich mit den Elementen: mischt sich mit der Luft zum
Dampf, mit der Mineralwelt zu Erde und trägt die Wärme von einem Ort zum anderen. Mit
diesem Wandel der Aggregatzustände gestaltet es unsere Jahreszeiten:
Das sehen wir sehr schön in den Bildern...
Im Winter formt Wasser Kristalle zu Schnee, im Frühjahr beginnt es zu schmelzen und zu
fließen, im Sommer dampft es in der Hitze und fehlt in der Trockenheit und im Herbst hüllt
es uns geheimnisvoll in Nebel ein. Das werden wir in den Gedichten von Willi Hermanns
nachher beschrieben hören.
Wie sehr unser Leben von diesen Wandlungsprozessen abhängt, spüren wir gerade deutlich:
überall steht überreifes Gras auf den Wiesen und es ist kein Tag trocken genug, um endlich
Heu zu machen. Als wir am Internationalen Tag des Wassers am 22.März dieses Jahres mit
dem Kindergarten unterwegs waren, war durch den plötzlichen Schneefall der Verkehr
zusammengebrochen und der Strom ausgefallen. In Athen ist aus Wassermangel der Wald
abgebrannt, in England machen den Menschen Überschwemmungen zu schaffen.
Das Gedicht „Fest der Gewalten“ spricht von solchen Erlebnissen.
Im morgigen Seminar werden wir aufzeigen, wie diese Ereignisse im Zusammenhang mit
den Kräften und der Qualität des Wassers zu sehen sind.
Wasser bleibt ständig seinen Eigenschaften treu. Es kann nicht anders. Da, wo wir es
zerstörerisch nennen, haben wir als Menschen zuvor eingegriffen und seine Wesenszüge
ignoriert.
Eine Eigenschaft des Wassers ist sein ständiges Bestreben, eine Kugelform auszubilden.
(s.Bild hinten: Tropfen an Halm.) Wo immer es kann, zieht es sich zur Kugelform
zusammen. Auf einer Fläche führt dieses Bestreben zum sich schlängelnden Flusslauf, steht
dem Wasser dort ein Hindernis entgegen, kommt es zur Wellenform (Bild) und hinter jedem
Hindernis entstehen Wirbel.
Die Wirbelbildung ist das Bestreben der Kugelbildung im dreidimensionalen Raum.
Die Oberflächenspannung will das Wasser immer zusammenziehen. Diese Spannung ist
stark genug, um z.B. diesen Wasserläufer zu tragen. (Bild)
Gleichzeitig wird am Wasser gezogen: von Fliehkräften, Wind, Gestein und mehr. Aus diesen
widerstrebenden Kräften bildet Wasser Formen aus. Jede Zelle unseres Körpers, jedes
Organ, jede Pflanze, jedes Tier sind aus Wasserformen gebildet. Auf dem Bild dort sehen sie
eine Welle in Form einer Schnecke, dort, in dem Zylinder, den Adolf Daenecke gebaut hat,
befindet sich eine Wirbelsäule.
Der Verlauf des Genfbach oder der Urft im Tal und der Verlauf eines Blutgefäßes im Körper
unterscheiden sich letztendlich nur durch ihre Größe.
Die Römer wussten um die Wesenszüge des Wassers. Sie bauten ihre Wasserleitung unten
eckig und nicht rund, so dass das Wasser darin in Wirbeln und Schrauben, sich ständig frei
bewegend und so seine gute Qualität bewahrend bis nach Köln fließen konnte.
Was ist Wasser?
Wasser ist Fließen und Begegnen.
Es ist Wasser, zum Bürgermeister zu gehen, wie im Frühjahr letzten Jahres, ihm von der Idee
der Wassertage zu erzählen und zu hören: Da haben Sie meine volle Unterstützung. Es ist
ermutigend, in einer Gemeinde zu leben, wo einer solchen Initiative einer Bürgerin sofort
Raum gegeben wird. Er schlug dann vor: Gehen Sie doch auch zu Herrn Breinig.
Wasser ist, zu Herrn Breinig zu gehen und zu hören: ich habe am 7.Juli zwar Urlaub. Aber ich
zeige trotzdem gerne die Nettersheimer Wasserversorgung .(morgen früh 9.30)
Wasser ist, Lisa Zimmermanns die Gestaltung des Faltblattes zu beauftragen, und sie freut
sich auch nach der zehnten Korrektur, der nächsten Ergänzung, dem wieder neuen Ausdruck
im Laufe der Monate (Wasser ist ständig in Veränderung) immer noch, wenn ich anrufe.
Wasser ist, Anja Heinen um Sponsoring für das Faltblatt zu bitten und sofort eine Zusage zu
bekommen. Von ihr kommen auch Brot und Backwaren heute Abend.
Wasser ist, Markus Nachtigall mit derselben Bitte anzurufen und zu hören:
Selbstverständlich! Fehlt sonst noch etwas? Von ihm kommt das Mürlenbacher Quellwasser
heute Abend.
Wasser ist auch, in einer Kunstausstellung in Euskirchen mit einem fremden Ehepaar ins
Gespräch zu kommen, und siehe da: er ist Musiker aus Frohngau, Jörg Hannes Kuhn, und
spontan bereit, das Benefizkonzert im September mitzugestalten.
Das ist Wasser :sich in den Dienst zu stellen, zu geben und zu empfangen. In Bewegung zu
sein, Neues zu entdecken, zusammenzukommen.
Bis heute haben seit dem Moment der Idee unzählige Menschen auf die verschiedenste
Weise zu den Wassertagen, die sich ja noch über den Rest des Jahres erstrecken,
beigetragen, von denen die obigen nur stellvertretend erwähnt werden können.
Ihnen allen, auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Naturzentrums und des
Rathauses sei an dieser Stelle im Namen des Wassers ein ganz herzlicher Dank
ausgesprochen.
Ich selber bin dem Wasser auch sehr dankbar, denn es hat in den vergangenen 14 Monaten
sämtliche Felsbrocken, die sich als Hindernisse in den Weg der Wassertage stellen wollten
immer wieder hinweggespült.
Sie haben vielleicht schon bemerkt, dass wir Ihnen heute Abend viererlei Quellwasser zu
Trinken anbieten.
Wasser ist auch, an eine Quelle zu fahren und Wasser zu holen. Wir werden auf der
Wanderung am 16.September die Quellen rund um Pesch besuchen.
Wasser ist ein Geschenk, das an der Quelle für jeden aus der Erde fließt. Es ist keines
Menschen Besitz und kann kein Besitz sein. Es darf auch in der Zukunft keinen
Geschäftsmann geben, dem Wasser gehört. Daher sollten wir alle sehr wachsam sein, dass
unsere Wasserversorgung nicht privatisiert wird.
Wasser ist international:
Es verbindet alle Menschen der Erde miteinander. Grenzenlos. Was wir heute trinken, floß
vielleicht vor einer Weile im Amazonasregenwald. Was wir durch die Toilette spülen landet
demnächst in einer Suppe in Shanghai oder im Eis am Südpol. Und es kommt
hundertprozentig zu uns zurück. Daher ist jeder Einzelne von uns in seinem täglichen
Umgang mit Wasser verantwortlich für alles Wasser dieser Welt.
Wasser ist friedenstiftend:
Es nutzt alle, auch widerstrebende Kräfte zur Ausbildung harmonischer Formen.
Wer Wasser kennt und seine Entscheidungen, auch politische Entscheidungen, am Vorbild
des Wassers orientiert, der wird zwar unbequem in der heutigen Zeit, dafür aber erfolgreich
sein.
Schon Laotse und die alten Griechen haben das gewusst.
Wasser ist sogar politisch:
Es ist das Element völliger Freiheit. Nur wenn es frei fließen kann, ermöglicht es Leben.
Daran dürfen wir denken, wenn immer lauter nach Gesetzen für alles gerufen wird. Wir sind
Wasserwesen auf einem Wasserplaneten. Wasser kann nur dann Leben spenden, wenn es
frei fließt. Nicht als regulierter, in Grenzen eingezwängter Kanal. Wird Wasser seiner Freiheit
beraubt dann wird es faul und fängt an zu stinken. Genauso können wir Menschen uns nur
dann lebendig entfalten, wenn wir frei sind, und nicht von vorne bis hinten reglementiert
werden. Mit Zwangskrankenversicherung, Zwangsimpfungen für alle oder Ähnlichem.
Weil man dies in der Eifel erkannt hat, wurden bereits an Bachläufen
Renaturierungsmaßnahmen durchgeführt. Davon berichten die Stelltafeln der Biologischen
Station Nettersheim im großen Raum.
Gewässerrenaturierungen finden auch schon in Richtung Berlin statt (nein, noch nicht in der
Gesetzgebung), an der Havel in Brandenburg. Federführend ist hier der NABU,
Naturschutzbund Deutschland, dessen Landesvorsitzenden von NRW, Herrn Josef
Tumbrinck ich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich begrüßen möchte.
Warum Wasser?
Die Nettersheimer Wassertage möchten ein Impuls für das Bewusstsein für Wasser sein.
Unsere Zukunft wird sich daran entscheiden, wie wir mit unserem Wasser umgehen. Unsere
Zukunft wird sich überhaupt am Wasser entscheiden: an seinem zuviel oder zuwenig, an
seiner Energie und seiner Qualität, am Meeresspiegel, am Permafrost und an
geschmolzenen oder gefrorenen Polkappen.
Ich freue mich sehr, dass dieser Impuls bereits von verschiedenen Seiten aufgenommen
wird. Einzelpersonen haben Initiativen ergriffen, und wir werden bereits in diesem Jahr auf
Wunsch einer Nachbargemeinde auch dort zum Thema Wasser aktiv werden.
Die nun folgende Lesung trägt den Titel „Unter'm Regenbogen“. Im Regenbogen finden sich
alle Farben des Lebens wieder, und zwar durch die Begegnung vom Licht der Sonne mit der
Vielzahl kugeliger Regentropfen. So sind wir Menschen als Wasservielzeller, im rechten
Lichte betrachtet, gemeinsam auch eine Art wunderschöner farbenfroher Regenbogen. Zu
einem solchen Bogen dürfen wir uns nun nach kurzer Pause rund um Herrn Hermanns
setzen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Dr.Anne Katharina Zschocke